„Fotos mit Menschen funktionieren besser auf Instagram!“ Diese oft gehörte, aber zumindest für mich persönlich nie verifizierte Aussage ist der Aufhänger des heutigen Beitrags. Persönliche Fotos also. Fotos auf denen irgendwelche Leute (scheinbar) irgendetwas erleben, ihr Leben ohne Ende genießen oder einfach nur den Moment nutzen sind der absolute Bringer auf visuellen Social-Media-Apps. Gut, denke ich mir, wenn das mit den Hammer-Pics (#enjoylife) funktioniert, könnte ja zur Abwechslung ein Wortstrudel, der nicht mit politischem und/oder kulturellem Wirrwarr gefüllt ist auf dieser Plattform ganz gut funktionieren.
Für heute habe ich mir also vorgenommen, ein paar gewagte Thesen über das Leben an die Pforte des digitalen Blogger-Alltags zu hämmern.
Der Alltag von Menschen „in meinem Alter“, die also zu jung für kultivierte Abende im Kirchenkreis, aber auch entschieden zu alt für Party ohne Ende und neuartige Phänomene der Jugendsprache sind, gestaltet sich heutzutage anscheinend ziemlich einfach.
Unsere Eltern waren Baby-Boomer, die Wirtschaft florierte in deren Jugend und demnach bauten sie „Werte“ in Form von mobilen und immobilen Wirtschaftsgütern auf, die jetzt, wenn wir uns noch immer gut verstehen, nach und nach in unser Eigentum übergehen. Oft haben wir, wenn es nach unseren Erzeugern geht, sowieso „Alles“, brauchen uns keine existenziellen Sorgen mehr machen und werfen unseren interessierten Blick daher auf Chai-Latte und andere neumoderne Food-Trends.
Wir streben nach Individualität und wollen uns in jeder Situation von anderen abheben. Der Glaube, dies über den eigenen Konsum zu steuern, sitzt tief und so konsumieren wir fröhlich vor uns hin. Im beruflichen, wie im privaten Umfeld lassen wir uns alle möglichen Wege offen, weil wir Angst haben, ein- oder mehrmals falsch abzubiegen. Doch nicht jede Abzweigung führt unmittelbar in eine Sackgasse. Oft hilft es auch, einfach nochmal um den Block zu fahren. Wenn man diesen jedoch zu oft umrundet hat, ohne einen Parkplatz zu finden, bricht irgendwann Unruhe und Panik aus. Entscheidungen treffen – diese Kompetenz scheint manchen der Generation Y nicht gerade in die Wiege gelegt worden zu sein. Wenn unsere Erzeuger auch meinen, dass wir es doch „so schön haben“, weil wir „machen könnten, was wir wollten“, so empfinden das viele eher als Belastung denn als Chance. Die „Generation Y“ wird meiner Meinung nach immer mehr zur „Generation ich weiß es noch immer nicht“.
Betrachtet man die Bedürfnispyramide von Maslow, die so manchem Pseudo-Intellektuellen unter euch vielleicht irgendwann im Laufe eurer fruchtbaren Bildungs-Karriere über die Leber gelaufen ist, dann befinden wir uns oft ganz eindeutig in den drei obersten Stufen – wobei „Anerkennung und Wertschätzung“ manchmal sogar schon zugunsten der „Selbstverwirklichung“ übersprungen wird.
Ganz nebenbei macht einem ein nicht veränderbarer und daher statischer Faktor auch zu schaffen: die Zeit und damit das Alter. Plötzlich erschreckt man sich fürchterlich, wenn man von angehenden Maturanten gesiezt wird und wähnt sich schon mit einem Bein im Holzpyjama. Andererseits trinkt man plötzlich keinen Alkohol mehr, nur um betrunken zu werden und zahlt auch Geld in Lebensversicherungen ein, damit man es „in der Zukunft einmal schön hat“. Ich habe das Gefühl, dass viele, die von „Zukunft“ sprechen, oft nur die Rente meinen, die sie niemals haben werden.
„Lebe im Hier und Jetzt!“ „Genieße den Augenblick!“
Ohne euch jetzt als pessimistischer Misanthrop den Tag versauen zu wollen, plädiere ich dafür, den oben zitierten Durchhalteparolen in Zukunft weniger Aufmerksamkeit zu schenken. Ich habe sie noch nie verstanden. Wie kann ich den spezifischen Augenblick genießen? In dem ich mich selbst dazu auffordere? Und ist nicht, wenn ich das tue, der Genuss schon wieder vorbei, weil ich mich selbst zu etwas zwingen muss?
Im „Hier und Jetzt“ leben? Ja, wo denn sonst – uns bleibt ja nichts anderes übrig. Mangels Alternativen müssen wir ja genau jetzt hier sein, wir haben ja eh keinen anderen Lebens-Planeten zur Auswahl. Und auch Scotty kann noch nicht beamen.
Ob mein unromantischer und überbordender Realismus gesund ist oder nicht, das weiß ich nicht. Meine These ist jedoch, dass alle die ständig davon reden, den „Augenblick genießen zu müssen“ über ihre regelmäßigen Instagram-Psalme noch nicht wirklich nachgedacht haben. By the way bin ich, wenn ich die Zeit für Gedanken dieser Art habe, schon ganz oben auf der Bedürfnispyramide angekommen oder ist mir einfach fad?
Und kann mir jemand, der sich die Zeit genommen hat, sich diese scheinbar lose Aneinanderreihung von Worten komplett reinzuziehen, darauf eine Antwort geben?
Ich bin ja irgendwo zwischen den Babyboomer und der „ich weiß noch immer nicht“ Generation.
Lebe im Augenblick: Betrachte ohne Handy oder Fotoapparat eine Kulisse oder eine Szene. Es bleibt vieles in dir. Opfere nicht das „Jetzt“ für ein „Vielleicht oder irgendwann in der Pension“.
Ich weiss noch immer nicht wohin: Ich glaube, dass will ich nicht so 100% wissen. Die ungefähre Richtung ja, aber es wäre fad ohne die Abzweigungen und Sackgassen.
Bei aller Liebe, Partnerschaft und Familie, vergiss nicht auf dich und nimm dir was du brauchst, solange du damit niemanden schadest.
Lebensaufgabe: Jeder hat Talente und es ist meiner Meinung nach die Pflicht jedes Einzelnen diese zum eigenen Wohl und auch zum Wohl der Mitmenschen einzusetzen und dass ist auch der Weg……
Weise Worte deiner Cousine 😘
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Hey Cousinchen! Vielen Dank dafür, dass du dir die Zeit genommen hast, meine Zeilen bist zum Ende durchzuhalten! Du hast auch vollkommen recht in deinen Ansichten, ich fürchte nur, dass das vielen Zeitgenossen nicht wirklich gelingt. Ebenso ist es nicht immer so leicht seine Talente zu erkennen bzw. diese auch einsetzen zu können, weil man sehr oft von anderen Einflüssen fremdgesteuert wird. Und: auf sich selbst nicht vergessen ist wirklich wichtig, da hast du vollkommen recht!
Liebe Grüße in die Burgenstadt
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