In der letzten Woche echauffierten sich die Kärntner Touristiker und andere wichtige Stimmen im Land über eine Studie der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), wonach unser Bundesland ein „Warnbeispiel“ für Regionen sei, in denen in Boom-Jahren zu wenig investiert wurde. Ebenso spricht man von einer großen Saisonabhängigkeit, die durch einzelne Events (die ja im Sommer sehr regelmäßig, meist rund um die Seen im Kärntner Zentralraum stattfinden) nicht nachhaltig verbessert werden kann. Bewertet wurden hierbei Parameter wie die Entwicklung von Nächtigungen, Bettenauslastung, Marktanteil innerhalb des eigenen Clusters, Saisonabhängigkeit sowie Internationalität (Gästemix). Die absoluten Verlierer-Regionen lauteten laut den Ergebnissen der ÖHV „die Carnica Region Rosental, die Nockberge, das Lieser- und Maltatal, die Nationalparkregion Hohe Tauern in Kärnten und der Millstätter See“. Einer der wenigen positiven Ausreißer sei Klagenfurt. So weit, so gut.
Nachdem man als Kärntner, der sich grundsätzlich in seiner Umgebung recht wohl fühlt und die vorhandenen Möglichkeiten sehr schätzt, all die negativen Zeilen erstmal verdaut hat, sollte man das ganze Urteil eher objektiv betrachten. So sind die Nächtigungszahlen im heurigen Sommer gestiegen, was, wie Experten behaupten, auch daran liegen kann, dass die Menschen in Zeiten zunehmender politischer Unsicherheit auch ihr Urlaubsziel dementsprechend selektieren. Das mag sehr wohl stimmen. Jedoch habe ich den Eindruck, dass sich in letzter Zeit die Grundstimmung, besonders bei jungen Menschen, etwas gewandelt hat. Ich denke hierbei keineswegs an irgendwelche politischen Auswüchse und bin auch nach wie vor belustigt, wenn man auf die Frage, worauf man denn im Land stolz sei, die „schöne Landschaft“ als Antwort bekommt. Zu dieser haben Umstände wie Gebirgsbildung, diverse Eiszeiten und nicht zuletzt doch auch die (nicht zu intensive) landwirtschaftliche Bewirtschaftung des Menschen doch wesentlich mehr beigetragen. Jedoch hat die Antwort auch etwas Gutes: man besinnt sich auf die Umgebung, lernt diese zu schätzen und kann so vielleicht positive Energie aus ihr ziehen.

Die Zeiten, in denen Hoteliers am mondänen Wörthersee von knapp vier Monaten Saison das gesamte restliche Jahr gut leben konnten, sind zweifelsohne vorbei. Auch sind Seen alleine, ohne die dementsprechende Qualität der Beherbergungen und Unterkünfte leider in ihrem Mehrwert recht begrenzt. Eine große Chance sehe ich jedoch, wenn sich der Kärntner Tourismus auf einige Schlüsselfaktoren besinnt, die in heutigen Zeiten, in denen ja schon jedes Taschentuch eine „USP“ auf den Hals geschneidert bekommt, quasi unumgänglich sind. Einige davon gibt es schon, teilweise wird auch alles, was in den nächsten Zeilen genannt wird, schon umgesetzt und ist absolut nichts Neues. Und doch sollte man sich auf manche Aspekte und Trends eventuell noch mehr besinnen und diese in die Welt tragen.

Beispielsweise versucht sich die Region Kötschach-Mauthen, gemeinsam mit dem angrenzenden Lesachtal, als Slow-Food-Travel-Region zu präsentieren. Dies ist ein in der Gesellschaft immer wichtiger werdender Trend. Man definiert sich selbst immer mehr durch seine Ernährung und ebenjene wirkt oft auch als Identitätsstifter, wenn nicht gar als Statussymbol. Wenn dieser Trend in eine Richtung gelenkt werden kann, in der Schlagwörter wie „vegan“ oder „Clean Food“ bald in den Hintergrund geraten und immer mehr von „regional“ und „ursprünglich“ abgelöst werden, wäre das sowohl aus ökologischer sowie möglicherweise auch aus ökonomischer Sicht eine positive Entwicklung. Sicher, Phrasen wie „Zurück zum Ursprung“ oder „grenzenlos regional“ sind in der Werbung großer Lebensmittelversorger schon seit Jahren Usus, jedoch meine ich hiermit mehr eine gemeinsame Direktvermarktung von kleinen, vielleicht privaten Produzenten, die, auch aufgrund zweifellos im Überfluss vorhandener kulinarischer und landwirtschaftlicher Ressourcen als Vorbild für das ganze Bundesland dienen könnten.
Chance Nr. 1: Lebensmittel – Regionalität – Kulinarik.

Ein weiterer Faktor, um hier auch eine der genannten „Problemregionen“ zu behandeln, wäre die Ursprünglichkeit, die im Falle der Nockberge und des angrenzenden Millstätter Sees mit kleinen, Skigebiet-bedingten Ausnahmen (Bad Kleinkirchheim, Turracher Höhe) hier noch voll vorhanden ist. Die Nockberge sind mit ihrer Sanftheit und mit ihren Rundungen optisch einzigartig in den Ostalpen – dies sollte den Menschen auch bewusst gemacht werden. Dazu werden sie als Biosphärenpark geführt, der sich ja ohnehin das Ziel gesetzt hat, ein adäquates Zusammenleben von Mensch und Natur möglich zu machen. Dem Millstätter See haftet im Vergleich zum Wörthersee noch nicht allzu sehr das „Schicki-Micki-Image“ an, er ist weitgehend naturbelassen, ganzjahrestauglich (Badehaus in Millstatt, Wandermöglichkeiten) und könnte eigentlich als perfekte Steilvorlage für sanften Tourismus gelten. So könnte man einen weiteren Trend aufgreifen, der im Moment stark in unserem Burn-Out-geschwängerten Alltag verankert ist: die Rückbesinnung auf die Natur, auf das Landleben, auf traditionelle Methoden.
Chance Nr. 2 (speziell in Bezug auf die Nockberge): Einzigartigkeit, behutsamer Umgang mit der Natur

Abschließend gilt es noch einen „alten Hut“ zu betonen, der zwar auf ganz Österreich zutreffen mag, bei uns jedoch besonders stark ausgeprägt ist: die Vielseitigkeit. Outdoor-Aktivitäten sind beispielsweise ein großer Trend in der Gesellschaft. Wo sonst hat man nach nahezu jeder Bergtour (ob auf zwei Beinen, zwei oder vier Rädern) einen Badesee im zeitlichen Umkreis einer halben Stunde, der auch für weniger kälteresistente Personen auf angenehme Temperaturen kommt. Das Land besteht aus gemütlichen Hügeln in Unterkärnten und aus den teilweise höchsten Bergen Österreichs in Oberkärnten und (Kärntner Touristiker und Freunde der Wertschöpfungskette mögen mir diese Aussage verzeihen) besticht auch mit der Nähe zu Italien und Slowenien. Ein Tagesausflug ins wunderschöne und hippe Ljubljana oder in das pittoreske Udine oder den ehemaligen Monarchie-Hafen Triest können eine spontane Alternative sein. Ebenso bietet Kärnten auch kulturell und geschichtlich eine kunterbunte und auch sprachlich vielfältige Gesellschaft, deren einst verhärtete Probleme, ausgefochten bis vor wenigen Jahren im Ortstafelstreit, mit der jungen Generation allmählich in Vergessenheit geraten. Einzig das Kulturangebot in Kärnten, insbesondere die Museen-Landschaft, könnte mehr von der oben bezeichneten Vielseitigkeit bieten.
Chance Nr. 3: Vielseitigkeit
Abschließend möchte ich einen Wirtschaftsblatt-Artikel zu zitieren, der den Erfolg des Städte-Tourismus in Wien und Salzburg, basierend auf einem klaren Profil, so bezeichnet: „Wien und Salzburg kannst du nur in Wien und Salzburg erleben“. Darauf kann man durchaus antworten mit: „Kärnten – vielseitiger Kontrast im Süden“.
