Briefe vom Katzentisch

Influencer – ein Job mit Ablaufdatum?

Schminktipps, Lebenshilfe oder einfach nur die minutiöse Schilderung des harten Bloggeralltags: dies sind häufig Themen der großen Stars unserer Zeit, die scheinbar unreflektiert den Zugang in Wohn- und Kinderzimmer erhalten und ihr Leben sukzessive auf eine positive Außendarstellung ihrer selbst trimmen. Versteht mich nicht falsch, auch ich lese liebend gerne Blogs, hole mir vor allem Reisetipps, sauge (nach bestem Wissen und Gewissen) verschiedene politische Meinungen aus dem Internet auf und hoffe so zumindest ein wenig aus meiner Facebook-Newsfeed-Filter-Bubble (by the way: ein tolles Wort, dessen Entschlüsselung vor zehn Jahren völlig unmöglich war) auszubrechen.

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Dennoch erweckt es nach und nach den Anschein, dass das interpersonale Product-Placement langsam aber sicher einen Sättigungsgrad erreicht. Das Fass nähert sich also nach und nach dem Überlaufen. Immer mehr Menschen „unboxen“ täglich Pakete, sprechen über die unglaublich wertige Aufmachung von Soft Drinks, Smoothies oder Shampoos und teilen dies mit ihrer neuen Realität, den Followern.

Doch wenn immer mehr InfluencerInnen nahezu jedes Abschminktuch als „Must Have des Tages“ bezeichnen, macht sich die gerade erst entstandene neue Branche irgendwann unglaubwürdig. Die Tätigkeit des Influencers könnte als einziger Unternehmensgegenstand irgendwann zu wenig sein, um als Lebensgrundlage dienen zu können. Anders ist dies, wenn Unternehmen Instagram & Co zur Verkaufsförderung ihrer eigenen Produkte verwenden. Wenn man beispielsweise Lebensmittel selbst herstellt und diese über einen Instagram-Channel promotet, dann ist dieser nur das Mittel zum Zweck, also vereinfacht gesagt: Werbung.

Bei vielen Lifestyle-Fashion-Self-Confidence-Blogs steht jedoch oft kein eigenes Erzeugnis hinter der Produktplatzierung. Diese ist also nicht mehr nur das Mittel zum Zweck, sondern der Zweck an sich. So schafft man sich auch Abhängigkeiten von Unternehmen, die als Auftraggeber fungieren. Wenn immer mehr Blogs auf den Markt gespült werden, ist dieser irgendwann gesättigt. Viele BloggerInnen präsentieren ähnliche Produkte und alles ist furchtbar toll, fancy und innovativ – dies nagt hartnäckig an der eigenen Glaubwürdigkeit. Irgendwann könnte die Influencer-Bubble platzen und der Worst Case der eben beschriebenen Kausalitätskette eintreten.

Dieser wäre folglich: man wird uniform, fad und FollowerInnen wenden sich ab. Wenn die Reichweite irgendwann dann unter der Wahrnehmungsgrenze liegt, beginnt das eigene, nur scheinbar so individuelle Geschäftsmodell zu bröckeln und man gerät zunehmend in Schwierigkeiten.

Zusammengefasst: Die Digitalisierung bringt mit ihren neuen, scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten viele neue Jobs und Arbeitsmodelle hervor, die durchaus Zukunft haben. Unter all diesen erscheint der „Beruf“ des Influencers oder Bloggers für viele jedoch als nicht besonders nachhaltiges Geschäftsmodell. Es wäre also ratsam, sich irgendwann einen Plan B zu zimmern, um nicht am Ende vor einem Scherbenhaufen zu stehen.

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